Porträt von Manuel Planitzer, Experte für Umweltrecht bei NHP Rechtsanwälte, der im Interview die EU-Textilstrategie und neue Recyclingpflichten erläutert (c) Michael Kainz
29. Juli 2025 | REIHE

Saubermacher im Recht: Was Unternehmen jetzt wissen müssen

Ma­nu­el Pla­nit­zer ist Um­welt­rechts­ex­per­te bei NHP Rechts­an­wäl­te. Er be­rät Un­ter­neh­men zu recht­li­chen Fra­ge­stel­lun­gen rund um Um­welt­auf­la­gen, Kreis­lauf­wirt­schaft und Nach­hal­tig­keits­vor­ga­ben. Für die Reihe "Sauber­macher im Recht" informiert er diesmal zum Thema "Textilrecycling".

Die Eu­ro­päi­sche Kom­mis­si­on hat kla­re Vor­stel­lun­gen da­von, wie der Tex­til­markt der Zu­kunft aus­se­hen soll. Mit der Stra­te­gie für nach­hal­ti­ge und kreis­lauf­fä­hi­ge Tex­ti­li­en will sie bis 2030 er­rei­chen, dass in der EU nur noch Tex­ti­l­er­zeug­nis­se auf den Markt ge­lan­gen, die lang­le­big, re­pa­rier­bar und re­cy­cling­fä­hig sind. Was das kon­kret be­deu­tet, er­läu­tert Um­welt­ju­rist Ma­nu­el Pla­nit­zer im In­ter­view.

Was ist das Ziel der neu­en Tex­til­stra­te­gie?

Die EU will kurz ge­sagt weg vom kurz­le­bi­gen Mas­sen­kon­sum und hin zu ei­ner funk­tio­nie­ren­den Kreis­lauf­wirt­schaft. Bis 2030 sol­len Tex­til­pro­duk­te so ge­stal­tet sein, dass sie nicht nur lan­ge hal­ten, son­dern auch re­pa­riert bzw. re­cy­celt wer­den kön­nen. Gleich­zei­tig soll es wirt­schaft­lich at­trak­ti­ve Sys­te­me für Wie­der­ver­wen­dung und Re­pa­ra­tur ge­ben. Die Tex­til­bran­che soll in­no­va­tiv und zu­kunfts­fä­hig wer­den – und ih­ren öko­lo­gi­schen Fuß­ab­druck deut­lich ver­rin­gern.

Was ist schon be­schlos­sen?

Be­reits ab dem 1. Ja­nu­ar 2025 müs­sen al­le Mit­glied­staa­ten ei­ne ge­trenn­te Samm­lung von Alt­tex­ti­li­en si­cher­stel­len. Das ist kei­ne frei­wil­li­ge Maß­nah­me, son­dern ei­ne ver­bind­li­che Vor­ga­be aus der Ab­fall­rah­men­richt­li­nie. In Ös­ter­reich wur­de das be­reits ge­setz­lich um­ge­setzt. Die Samm­lung muss so ge­stal­tet sein, dass ent­we­der ei­ne Vor­be­rei­tung zur Wie­der­ver­wen­dung oder ein qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ges Re­cy­cling mög­lich ist.

Wird es auch fi­nan­zi­el­le An­rei­ze oder Pflich­ten ge­ben?

Ja, die EU plant ei­ne er­wei­ter­te Her­stel­ler­ver­ant­wor­tung (EPR) für Tex­til- und Schu­her­zeug­nis­se. Das heißt: Her­stel­ler bzw. In­ver­kehr­brin­ger von Tex­ti­li­en in der EU, sol­len künf­tig auch für das „End-of-life-Ma­nage­ment“, al­so für die Samm­lung und Be­hand­lung nach dem (ers­ten) Le­bens­zy­klus des Pro­duk­tes, ver­ant­wort­lich sein. Die Fi­nan­zie­rung soll über ei­ne Her­stel­ler­ge­bühr er­fol­gen. Als An­reiz zur Pro­duk­ti­on von hoch­wer­ti­ge­ren Pro­duk­ten, wird die­ser Bei­trag je nach Qua­li­tät der Tex­ti­li­en un­ter­schied­lich hoch sein– je lang­le­bi­ger, re­pa­rier­ba­rer und re­cy­cling­fä­hi­ger ein Pro­dukt ist, des­to ge­rin­ger sol­len die Kos­ten sein. Die­se Sys­te­me ei­ner er­wei­ter­ten Her­stell­ver­ant­wor­tung ken­nen wir be­reits aus an­de­ren Sek­to­ren, wie bei­spiels­wei­se dem Ver­pa­ckungs- bzw. dem Elek­tro­alt­ge­rä­te­be­reich, wo sich zeigt, dass die­ser An­satz durch­aus er­folgs­ver­spre­chend ist.

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Wann soll die­ses EPR-Sys­tem star­ten?

Die An­nah­me der not­wen­di­gen Richt­li­ni­en­än­de­rung im Um­welt­rat ist für den heu­ri­gen Som­mer an­ge­kün­digt. Da­nach fol­gen 20 Mo­na­te zur Um­set­zung in na­tio­na­les Recht und wei­te­re zehn Mo­na­te für die Ein­füh­rung der EPR-Sys­te­me – ins­ge­samt al­so rund zwei­ein­halb Jah­re nach In­kraft­tre­ten der Richt­li­ni­en­än­de­rung. Das klingt lang, ist aber für die be­trof­fe­nen Un­ter­neh­men durch­aus knapp be­mes­sen, wenn man der­ar­ti­ge Sys­te­me neu im­ple­men­tie­ren muss.

Gibt es auch neue Ver­bo­te oder Pro­dukt­an­for­de­run­gen?

Ja, die neue Öko­de­sign-Ver­ord­nung, die seit Ju­li 2024 in Kraft ist, ent­hält bei­spiels­wei­se ein Ver­bot für das Ver­nich­ten un­ver­kauf­ter Tex­ti­li­en und Schu­he. Die­ses Ver­bot greift vor­aus­sicht­lich ab Mit­te 2026, gilt zu­nächst aber nur für „gro­ße“ und – nach ei­ner Über­gangs­frist – für „mitt­le­re“ Un­ter­neh­men. Au­ßer­dem ist ein di­gi­ta­ler Pro­dukt­pass vor­ge­se­hen, der vor­aus­sicht­lich ab 2027 für Tex­ti­li­en ver­pflich­tend wird. Dar­in sol­len In­for­ma­tio­nen zur Ma­te­ri­al­zu­sam­men­set­zung, Nach­hal­tig­keit und Re­pa­rier­bar­keit ent­hal­ten sein – mit dem Ziel, so­wohl Re­cy­cling als auch be­wuss­ten Kon­sum zu er­leich­tern.

Was ra­ten Sie Un­ter­neh­men jetzt?

Der ge­sam­te Tex­til­sek­tor steht vor ei­nem gro­ßen Um­bruch, das bie­tet er­fah­rungs­ge­mäß aber gleich­zei­tig auch gro­ße Chan­cen für be­trof­fe­ne Un­ter­neh­men ent­lang der Her­stel­lungs-, Kon­sum- und Re­cy­cling­ket­te, so­fern recht­zei­tig auf die an­ste­hen­den Än­de­run­gen rea­giert wird. Ge­ra­de „First Mo­ver“ wer­den von Wett­be­werbs­vor­tei­len pro­fi­tie­ren.