Saubermacher-Akademie in Wien: Kreislaufwirtschaft am Bau, EuGH-Urteil Abfallende von Bodenaushub; Baubranche ist der größte Abfallerzeuger Österreichs; nachhaltiges Bauen
22. März 2023

Kreis­lauf­wirt­schaft am Bau

Das Ur­teil des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­ho­fes (EuGH) zum Ab­fal­len­de von Bo­den­aus­hub sorgt für Auf­se­hen. Im Fo­kus ste­hen die Qua­li­täts­kon­trol­le, die als Vor­be­rei­tung zur Wie­der­ver­wen­dung an­er­kannt wird, und die For­mal­kri­te­ri­en für das Ab­fal­len­de, die ei­ne ech­te Kreis­lauf­wirt­schaft in Ös­ter­reich ver­hin­dern wür­den. Zu­dem zwingt die am 5. Jän­ner 2023 in Kraft ge­tre­te­ne Cor­po­ra­te Sus­taina­bi­li­ty Re­porting Di­rec­tive (CS­RD) zu um­fas­sen­der Trans­pa­renz und der Ver­öf­fent­li­chung von de­tail­lier­ten ESG -In­for­ma­tio­nen. Be­schleu­ni­gen die­se Ent­wick­lun­gen nach­hal­ti­ge Bau­wer­ke im Ein­klang mit der Na­tur? Ganz im Sin­ne sei­ner Vi­si­on Ze­ro Was­te lud Sau­ber­ma­cher ge­mein­sam mit der auf die Bau­ent­sor­gung spe­zia­li­sier­ten Platt­form was­te­box.biz Mit­te März zur Sau­ber­ma­cher Aka­de­mie Spe­zi­al in Wien. Top-Vor­trä­ge und hoch­ka­rä­ti­ge Po­di­ums­dis­ku­tan­ten bo­ten Ein- und Aus­bli­cke.

Bau­sek­tor hat ho­he Um­welt-Re­le­vanz. Die ös­ter­rei­chi­sche Bau­bran­che ver­ur­sacht er­heb­li­che Treib­haus­gas­emis­sio­nen, ver­braucht vie­le Roh­stof­fe, mas­sen­haft En­er­gie und ist, wie der Bun­des­ab­fall­wirt­schafts­plan ein­drucks­voll schil­dert, mit über 11,4 Mil­lio­nen Ton­nen mi­ne­ra­li­schen Bau- und Ab­bruch­ab­fäl­len[1] so­wie rund 41 Mil­lio­nen Ton­nen Aus­hub­ma­te­ri­al der größ­te Ab­fall­er­zeu­ger Ös­ter­reichs. Seit 2015 sind die Bo­den­aus­hü­be um rund 24 Pro­zent und die Bau- und Ab­bruch­ab­fäl­le um rund 14 Pro­zent ge­wach­sen. Ten­denz wei­ter stei­gend.

Wäh­rend be­reits über 80 Pro­zent der mi­ne­ra­li­schen Bau- und Ab­bruch­ab­fäl­le re­cy­celt wer­den, lan­den nach wie vor in et­wa zwei Drit­tel der Bo­den­aus­hub­ma­te­ria­len auf der De­po­nie. Die da­für nö­ti­gen LKW-Trans­por­te sind auf­grund der gro­ßen Mas­se im­mens und auch als Roh­stof­fer­satz birgt Bo­den­aus­hub ein gro­ßes Po­ten­zi­al.

Denn mit ei­nem Ma­te­ri­al-Fuß­ab­druck in Hö­he von rund 33 Ton­nen pro Kopf im Jahr 2017 (290 Mil­lio­nen Ton­nen ins­ge­samt) ist der ös­ter­rei­chi­sche Res­sour­cen­ver­brauch im Eu­ro­pa-Ver­gleich hoch (EU-Durch­schnitt: 23 Ton­nen pro Kopf p.a.). Auch hier ver­ur­sacht der Bau­sek­tor mit rund 14 Pro­zent den höchs­ten An­teil.[2] „Es liegt klar auf der Hand: Der Um­gang mit Aus­hub­ma­te­ri­al ist für den Kli­ma­schutz re­le­vant!“, zog Alois Fürn­kranz, Ge­schäfts­füh­rer Sau­ber­ma­cher Bau­re­cy­cling & Ent­sor­gung GmbH und VO­EB-Ar­beits­grup­pen­lei­ter für nach­hal­ti­ges Bau­en, Bi­lanz.

EuGH-Urteil fördert Nach­haltig­keit. Im November 2022 über­rascht der EuGH mit seinem Urteil zur Rechts­sache Porr Bau GmbH; C-238/21 (Details lesen Sie hier nach). Wesentliche Er­kennt­nisse beim kon­kreten Fall:

  • Es bestand keine Ent­ledigungs­absicht.
  • Der Bodenaushub gilt als Neben­produkt, das beim Her­stellung­sprozess (= Bauausführung) entstanden ist.
  • Die Qualitäts­kontrolle wird als Verfahren zur Vor­bereitung zur Wieder­ver­wendung anerkannt.
  • Das Abfall­ende wird auch ohne Er­füllung der Formal­kriterien des Bundes­abfall­wirtschafts­plans erreicht (Qualität ist entscheidend).

„Das Ur­teil zeigt neue recht­li­che Mög­lich­kei­ten für die Aus­le­gung des Ab­fall­rechts auf“, er­läu­ter­te Da­vid Sucha­n­ek, Nie­der­hu­ber & Part­ner Rechts­an­wäl­te GmbH.

Sek­ti­ons­chef Chris­ti­an Hol­zer sieht in Ab­fal­len­de-Ver­ord­nun­gen ge­ne­rell ei­nen He­bel zur För­de­rung der Kreis­lauf­wirt­schaft. Bis En­de des Jah­res soll ei­ne ent­spre­chen­de Ver­ord­nung mit kla­ren Qua­li­täts­kri­te­ri­en fer­tig­ge­stellt sein. Auch Klein­men­gen wer­den be­rück­sich­tigt. „Dar­über hin­aus be­darf es je­den­falls spe­zi­fi­scher tech­ni­scher Kri­te­ri­en“, be­ton­te Tho­mas Kas­per, Prä­si­dent des Ös­ter­rei­chi­schen Bau­stoff­re­cy­cling­ver­ban­des. Nur so kön­nen „neue Re­cy­cling-Pro­duk­te“ auch tat­säch­lich für den Er­satz na­tür­li­cher Res­sour­cen ver­wen­det wer­den.

Pro­jekt­lei­ter Ste­fan Jung, STC De­ve­lop­ment GmbH, sieht vie­le Vor­tei­le in ei­nem klar de­fi­nier­ten Ab­fal­len­de von Bo­den­aus­hub, spe­zi­ell bei Groß­bau­stel­len mit meh­re­ren Lo­sen. „Das Wis­sen über Bau­stel­len, die Bo­den­aus­hub brau­chen, ist es­sen­ti­ell. In An­leh­nung an die LEAN-Pro­duc­tion kann der In­fo-Aus­tausch in Echt­zeit so­wohl kli­ma­schutz­re­le­van­te als auch be­triebs­wirt­schaft­li­che Vor­tei­le schaf­fen“, be­ton­te Jung die Not­wen­dig­keit der Ver­net­zung of­fe­ner bzw. lau­fen­der Pro­jek­te für Bau­trä­ger. Was hier frei­lich noch fehlt, sind die da­für not­wen­di­gen Platt­for­men.cling & Ent­sor­gung GmbH und VO­EB-Ar­beits­grup­pen­lei­ter für nach­hal­ti­ges Bau­en, Bi­lanz.

Digitalisierung für Dateneffizienz. Die CSRD, bestehend aus den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) und der EU-Taxanomie, stellt das Nachhaltigkeitsreporting auf eine Stufe mit der Finanzberichterstattung. Für börsennotierte Unternehmen wird die Direktive bereits im nächsten Jahr schlagend, für nicht börsennotierte größere Betriebe im Folgejahr[3]. Die zu be­rich­ten­den Da­ten­men­gen und In­for­ma­tio­nen sind enorm. Durch die Prü­fungs- und Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht sind Be­reit­stel­lungs­form und Ge­schwin­dig­keit ent­schei­dend. An­sons­ten wird der frist­ge­rech­te La­ge­be­richt zum Him­mel­fahrts­kom­man­do. „Die Da­ten­er­he­bung ge­winnt mas­siv an Be­deu­tung und di­gi­ta­le Ge­schäfts­mo­del­le sind nö­tig, um ge­nau die­se Da­ten­ba­sis in recht­lich ge­för­der­ter Qua­li­tät lie­fern zu kön­nen“, so Stef­fen Rob­bi, Ge­schäfts­füh­rer Di­gi­tal fin­det Stadt. Ge­ra­de im Bau­we­sen spielt der Auf­bau ei­nes in­tel­li­gen­ten Da­ten­ma­nage­ment­sys­tems, das In­for­ma­tio­nen über den ge­sam­ten Le­bens­zy­klus ver­knüpft, ei­ne wich­ti­ge Rol­le.

„Müll ist ein Designfehler“[4]. An­dre­as Opelt, COO bei Sau­ber­ma­cher, ver­deut­lich­te die Not­wen­dig­keit des Pro­dukt­de­signs für ein öko­lo­gisch und öko­no­misch sinn­vol­les Re­cy­cling. „Was man nicht tren­nen kann, kann man nicht re­cy­celn!“, so das Mit­glied des Sau­ber­ma­cher-Vor­stands­teams. Doch bis da­to hat sich ein durch­gän­gi­ges Öko-De­sign von Bau­wer­ken flä­chen­de­ckend noch nicht durch­ge­setzt. Auch der ak­tu­el­le Bun­des­ab­fall­wirt­schafts­plan weist auf die stei­gen­de Ver­wen­dung von Ver­bund­stof­fen und die zu­neh­men­de Ma­te­ria­li­en­viel­falt hin und stellt ent­spre­chen­de Rück­bau- bzw. Ver­wer­tungs­gui­de­lines für Bau(stoff)sün­den der 60er- bis 90er-Jah­re be­reit[5]. „Schad­stof­fe, z.B. As­best, Künst­li­che Mi­ne­ral­fa­sern (KMF), Po­ly­sty­rol-Ex­tru­der­schaum­stoff (XPS), Teer­pap­pe etc. er­zeu­gen beim Ab­bruch mas­si­ve Kos­ten­er­hö­hun­gen. Die Er­geb­nis­se der Bau­werks­ana­ly­se soll­ten bei Im­mo­bi­li­en­trans­ak­tio­nen je­den­falls im Kauf­preis be­rück­sich­tigt wer­den“, emp­fahl Fürn­kranz.

In Kreis­läufen denken. Saint Go­bain, in­ter­na­tio­na­ler Bau- und Werk­stoff­her­stel­ler mit Nie­der­las­sun­gen in Ös­ter­reich, hat sich der Nach­hal­tig­keit be­reits seit Lan­gem ver­schrie­ben. Schon heu­te ist das Un­ter­neh­men für sei­ne ESG-Ak­ti­vi­tä­ten be­richts­pflich­tig und ver­folgt ein kla­res Car­bon Net Ze­ro Ziel bis 2050. Da­für gibt es ei­ne de­tail­lier­te Road­map bis 2030 und ei­nen gro­ben Fahr­plan bis 2050. Auch die Bo­nus­ver­ein­ba­run­gen des Ma­nage­ments hän­gen an den Nach­hal­tig­keits­zie­len. Der CO2-Fuß­ab­druck der Pro­duk­te von Saint Go­bain ver­viel­facht sich über die Pro­dukt­le­bens­span­ne, kann aber durch den Ein­satz von Se­kun­där­roh­stof­fen re­du­ziert wer­den. „Die Kom­pe­tenz für die Auf­be­rei­tung der Ab­fäl­le liegt nicht im­mer im ei­ge­nen Haus. Ko­ope­ra­ti­on mit Part­nern ent­lang der Wert­schöp­fungs­ket­te, wie wir es bei­spiels­wei­se im Pa­pier- oder Gips­be­reich tun, schaf­fen für uns ei­nen gro­ßen Mehr­wert“, so Pe­ter Gif­fin­ger, CEO Saint Go­bain Aus­tria.

Ein Um­den­ken am Markt fin­det seit ei­ni­gen Jah­ren statt. Auch Ca­ro­li­ne Pal­fy, Ge­schäfts­füh­re­rin Hand­ler Hol­ding, spürt das stei­gen­de In­ter­es­se an Öko-Pro­duk­ten. Den­noch braucht es aus ih­rer Sicht noch mehr Stan­dards in Ös­ter­reich und spe­zi­ell bei den Bau­her­ren ei­ne stär­ke­re Be­wusst­seins­bil­dung. „Ich bin ein Fan da­von, nicht zu viel Tech­nik im Haus zu ver­bau­en. Das braucht al­les Strom, und En­er­gie ist mitt­ler­wei­le ei­ne kost­ba­re Res­sour­ce“, er­klär­te die Pio­nie­rin des nach­hal­ti­gen Bau­ens. Na­tür­lich er­schwe­ren ver­bau­te Elek­trik- bzw. Elek­tro­niktei­le in Ge­bäu­den auch den Ab­bruch und Rück­bau so­wie das Re­cy­cling der Ma­te­ria­li­en.

Sau­ber­ma­cher-Vor­stand An­dre­as Opelt sieht die Ab­fall­wirt­schaft als wich­ti­gen Teil der Kreis­lauf­wirt­schaft. Denn mit über 70 Mil­lio­nen Ton­nen Ma­te­ri­al­um­satz pro Jahr kann die Ab­fall­wirt­schaft de­fi­ni­tiv ei­nen Teil der Res­sour­cen­nach­fra­ge Ös­ter­reichs (rund 96 Mil­lio­nen Ton­nen des Ma­te­ri­al­ver­brauchs um­fas­sen nicht-me­tal­li­sche Mi­ne­ral­stof­fe) ab­de­cken.[6] „Das Know-how der Ent­sor­ger ist zu­neh­mend bei In­dus­trie und pro­du­zie­ren­dem Ge­wer­be ge­fragt, um neue Lö­sun­gen zur Wie­der­ver­wer­tung zu fin­den“, so Opelt über die stei­gen­de Nach­fra­ge nach Be­ra­tungs­leis­tun­gen und Zu­sam­men­ar­beit. Den­noch sei der Re­cy­clingroh­stoff nach wie vor in ei­ni­gen Din­gen be­nach­tei­ligt – Stich­wort Grenz­wer­te, auf­wän­di­ger Aus­stu­fungs­pro­zess, Bahn­trans­por­te, … .

[1] ohne Holz-, Ver­packungs-, Kunst­stoff-, Metall- und ge­mischte Siedlungs­ab­fälle, künst­liche Mineral­fasern, As­best und sonstige ge­fährliche Ab­fälle
[2] Ressourcen­nutzung in Öster­reich 2020, Band 3, Seite 8
[3] Gültig für Be­triebe, bei denen 2 der folgenden 3 Kri­terien zutreffen: > 250 Mit­arbeitende, Bilanz­summe > 20 Mil­lionen Euro sowie Um­satz > 40 Millionen Euro.
[4] Zitat von Annette Hillebrandt, deutsche Architektin und Pro­fessorin für Bau­konstruk­tion, Ent­wurf und Material­kunde an der Bergischen Universität Wuppertal.
[5] Siehe z. B. Seite 259 Bundes­abfall­wirt­schafts­plan 2023
[6] Bundes­abfall­wirt­schafts­plan 2023, Seite 370

Fa­zit: Die Rich­tung stimmt. Vor­tra­gen­de, Po­di­ums­dis­ku­tant:in­nen und Gäs­te eint ein Ziel: Na­tür­li­che Res­sour­cen mit­tels Kreis­lauf­wirt­schaft zu scho­nen, oh­ne die Um­welt zu ge­fähr­den. Ei­ne gut und im Sin­ne der Kreis­lauf­wirt­schaft aus­ge­stal­te­te Ver­ord­nung über das Ab­fal­len­de von Bo­den­aus­hub – und dar­über hin­aus – ist ein Schlüs­sel­fak­tor für nach­hal­ti­ges Bau­en in Ös­ter­reich. Glei­ches gilt für ver­pflich­ten­de Ein­satz­quo­ten von Re­zy­kla­ten. Und mit den neu­en ESG-Re­porting­stan­dards lie­gen künf­tig auch die Aus­wir­kun­gen un­se­res Wirt­schaf­tens und un­se­res Kon­sums (mehr oder we­ni­ger) trans­pa­rent vor.

 

Weiterführende Links

Impressionen

Auf unserem Flickr-Account finden Sie alle Fotos in Druckqualität.

Mehr auf Flickr

Presseinformation

Kontakt

Bei Presseanfragen wenden Sie sich bitte an:

Bernadette Triebl Wurzenberger
Mag. Bernadette Triebl-Wurzenberger +43 664 80598 1013
24/7 Notdienst
+43 59 800 5000
Kanal & Rohrverstopfungen
Stmk
Ölalarm
Stmk · W · Nö · Bgld
Kundenservice
+43 59 800 5000
Mo-Do 7:30–17:00, Fr 7:30–15:30