Zweites Leben: Alte E-Autobatterien sinnvoll nutzbar
Voller Energie. Wenn Batterien von Elektrofahrzeugen nur mehr 80 % ihrer Leistung erbringen, werden sie entsorgt, da sie für anspruchsvolle Mobilitätsanwendungen nicht mehr geeignet sind. Die stark wachsende Anzahl von Elektrofahrzeugen und die damit einhergehende steigende Anzahl gebrauchter Batteriesysteme führt zu neuen Herausforderungen. „Bereits jetzt muss man sich über die Verwendung der aus dem First Life ausgeschiedenen Batterien aus der E-Mobilität Gedanken machen. Mit dem Projekt SecondLife – Batteries4Storage schaffen wir eine zusätzliche stationäre Nutzung, die die Lebenszeit und die Wertschöpfungskette der Batteriesysteme verlängert und ökologische sowie ökonomische Vorteile schafft“, führt Robert Schmied, Geschäftsführer der Grazer Energieagentur, aus.
Zur gezielten Planung und Realisierung eines „zweiten Lebens“ von Batterien ist es notwendig, den Zustand einer Batterie genau zu bestimmen und auf Basis des Batteriezustands zu entscheiden, ob und wie die Batterie weiterverwendet kann oder direkt recycelt werden muss.
Von AVL DiTEST wurde dazu ein mobiles Schnellanalyse-Gerät entwickelt. Das Gerät erlaubt eine rasche und kostengünstige Prüfung und Zustandsanalyse unterschiedlicher Batterien verschiedener Erzeuger.
Von AVL List wurde ein elektronisches Bewertungswerkzeug entwickelt, das den Wert-Unterschied zwischen Recycling und Wiederverwendung darstellt und zusammen mit einem Planungstool der Grazer Energieagentur, das eine optimale Dimensionierung der Speichersysteme für bestimmte Anwendungen ermöglicht, die bestmögliche Nachnutzung von Automobilbatterien garantiert.
Erfolgreicher Prototyp. Dass das Ganze nicht nur auf dem Papier funktioniert, zeigt die von Smart Power gefertigte Pilotanlage mit 96 kWh. Seit Herbst 2020 glich der Prototyp am Saubermacher Standort in Premstätten erfolgreich die Lastspitzen des Entsorgungsunternehmens aus. Nun wurde die Anlage in die Firmenzentrale in Feldkirchen bei Graz verlegt und optimiert dort den Eigenstromverbrauch aus der Photovoltaikanlage und trägt dadurch weiterhin zur Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit bei.
Speichersysteme als Enabler für erneuerbare Energiequellen. Batterie-Stromspeichersysteme spielen für die optimale Integration erneuerbarer Energiequellen sowie für eine kostenoptimale Stromnutzung, d. h. für den Ausgleich von Stromerzeugung und Verbrauch, eine zunehmend wichtigere Rolle. Darüber hinaus leisten batteriebasierte Stromspeichersysteme auch einen wichtigen Beitrag zur Absicherung gegen Stromausfälle, bei der Verbesserung der Netzstabilisierung sowie bei der Integration von dezentral produziertem Strom.
Das sieht auch DI Theresia Vogel vom Klima- und Energiefonds so. „Energiespeicher sind ein zentraler Schlüssel für die Energiewende, denn wir brauchen ein robustes und sicheres System für den Wirtschaftsstandort Österreich. Wir freuen uns, dass in der Vorzeigeregion ‚Green Energy Lab‘ dieses Thema aufgegriffen wird. Ein Second Life für Akkus, die einer der teuersten Bestandteile eines Elektroautos sind, zeigt, dass ein zweites, langes und erfolgreiches Leben für Autobatterien möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Mit diesem Ansatz wird das System stabilisiert, werden Ressourcen geschont und wird ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet.“
Zielgruppen für Speichersysteme aus gebrauchten Batteriesystemen sind stromintensive Industriebetriebe (Anwendungsfall Peak-Shaving) sowie Errichter und Betreiber von Wohngebäuden und PV-Anlagen (Anwendungsfall Eigenverbrauchsoptimierung), Anbieter für Elektrotechnik, Betreiber von großen E-Fahrzeugflotten wie Elektrobussen sowie E-Mobilitätsdienstleister.
Künftige Herausforderungen. Aktuell fallen in Österreich pro Jahr etwa 4.000 gebrauchte Batteriesysteme aus der Elektromobilität an – das entspricht etwa 200 Tonnen. Je nach Entwicklung der E-Mobilität werden für das Jahr 2030 bereits zwischen 10.000 und 20.000 Tonnen prognostiziert. Industriebetriebene SecondLife-Speichersysteme im Megawattbereich wären somit durchaus möglich. In welchem Umfang für welche Anwendungen der Einsatz der Second-Life-Batterien wirtschaftlich darstellbar ist, hängt u. a. stark von der Preisentwicklung der Batterien ab. Gleichzeitig ist der Aufwand für die Realisierung solcher Speicher derzeit noch sehr hoch und auch rechtliche Aspekte wie Produkthaftung oder Gewährleistung gilt es noch zu klären. Beispielsweise liegt das Haftungsrisiko für gebrauchte Batteriesysteme derzeit beim Anlagenerrichter.
Anm.: OEM = Original Equipment Manufacturer, übersetzt Originalausrüstungshersteller
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