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Präsident des Österreichischen Gemeindebundes Alfred Riedl
8. Juni 2020

Gespräch mit dem Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes Alfred Riedl

Im Interview mit Saubermacher erzählt Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl über die Herausforderungen und auch die Chancen für die österreichischen Gemeinden durch die Coronakrise.

Welche konkreten Auswirkungen hat die Coronakrise auf die österreichischen Gemeinden?

Riedl: Die Coronakrise und die damit verbundenen Auswirkungen treffen die österreichischen Gemeinden hart. Denn klar ist jetzt schon, dass wir in den Gemeinden dringenden Konsolidierungsbedarf haben: Die Coronakrise wird den Gemeinden (ohne Wien) bis zu zwei Milliarden Euro kosten, weil Einnahmen wegbrechen und Ausgaben steigen. Konkret rechnen wir mit weniger Einnahmen aus Ertragsanteilen an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben (Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Körperschaftssteuer etc.) von minus zehn Prozent und mit einem Einbruch der Kommunalsteuereinnahmen von zehn bis zwölf Prozent gegenüber den Voranschlägen aus dem Herbst. Einen ersten Vorgeschmack bieten bereits die Mai-Vorschüsse, die gegenüber Mai 2019 um 13 Prozent eingebrochen sind. Viele Gemeinden sorgen sich deswegen, ob sie in den nächsten Monaten Löhne, Gehälter und Mieten zahlen können und vielleicht auch wichtige Investitionen verschieben oder gar absagen müssen. Deswegen brauchen die Gemeinden jetzt direkte Unterstützung, damit Wirtschaft und Arbeitnehmer profitieren.

Was ist aus Ihrer Sicht die größte Herausforderung für eher ländlich strukturierte Kommunen im Vergleich zu größeren Städten?

Alle Städte und Gemeinden eint, dass sie für die Daseinsvorsorge ihrer Bürger zuständig sind – in guten wie in schlechten Zeiten. Die einen in kleinerer Dimension, die anderen in größeren Strukturen. Und diese Daseinsvorsorge und dieses Servicieren der Bürger sowie das Managen vor Ort haben auch in der Coronakrise gut funktioniert. Da können wir durchaus stolz sein. Wo wir vor großen Herausforderungen stehen – egal ob in der Stadt oder in den ländlichen Gemeinden – das sind die Gemeindefinanzen. Hier haben wir große Sorgen, denn wir müssen handlungsfähig sein und den laufenden Betrieb der Gemeinden sicherstellen können. Dazu müssen die Gemeinden liquide bleiben, um ihre Ausgabenverpflichtungen zahlen zu können. Erste Maßnahmen, wie die Lockerung der Kassenkredit-Regeln in den Gemeindeordnungen, wurden zwar bereits gesetzt, sind aber nicht ausreichend. Deswegen brauchen die Gemeinden auch dringend einen Liquiditätsrettungsschirm, konkret also rückzahlbare Bundesmittel. Genauso wichtig wie dieser Liquiditätsrettungsschirm ist für uns aber auch, dass wir lokale Konjunkturimpulse setzen können und Investitionen ermöglichen. Es braucht also noch heuer ein neues kommunales Investitionsprogramm in der Höhe von 1 Milliarde Euro, um die regionale Wirtschaft zu stärken.

Was wir jetzt deutlich sehen, ist, dass die Stadt das Land braucht. Daher braucht es auch die Chancengleichheit und die notwendige Infrastruktur im ländlichen Raum. Da geben uns auch Wissenschaftler und Zukunftsforscher Recht, die von einer neuen Sehnsucht für den ländlichen Raum sprechen. Und es gibt nicht zuletzt Gegentrends, die für das Leben am Land sprechen: Die Digitalisierung macht ortsunabhängiges Arbeiten möglich, kilometerlange Reisen und Konferenzen werden durch Videokonferenzen abgelöst, vermeintlich fehlende Gesundheitsversorgung am Land durch Telemedizin abgelöst. Hier zeigt sich eine Verbindung von Stadt und Land und diese Entwicklung und Aufwertung gilt es zu nutzen.

Präsident des Österreichischen Gemeindebundes Alfred Riedl
„Gemeinden sind seit Jahrzehnten Vorbilder, Multiplikatoren, Trendsetter und Umsetzer im Bereich des Klima- aber auch Naturschutzes und werden es auch weiterhin sein", so Alfred Riedl.

Vor der Krise standen Klimaschutz und Nachhaltigkeit bei den Gemeinden hoch im Kurs. Wird sich durch die Krise dadurch etwas ändern?

Die Gemeinden sind seit Jahrzehnten Vorbilder, Multiplikatoren, Trendsetter und Umsetzer im Bereich des Klima-, aber auch Naturschutzes und wir werden es weiterhin sein. Nahezu jede Investition, die wir auf kommunaler Ebene tätigen, kommt in irgendeiner Weise mit dem Klimaschutz in Berührung. Sei es beim Bau und den damit eingesetzten klimaschonenden Baustoffen oder Elementen (PV-Anlagen, Wärmedämmung etc.) eines neuen Kindergartens, bei der Errichtung von PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden, beim Einsatz von E-Autos im Fuhrpark der Gemeinden, bis hin zur ökologischen Unkrautvernichtung. Und daran wird sich auch nichts ändern. Im Gegenteil, wir werden diesen Weg fortsetzen, den wir seit Jahrzehnten gehen. Es ist sogar eine Bestätigung bzw. ein Learning aus der Coronakrise, vielleicht noch stärker auf autarke und nachhaltige Systeme zu setzen.

Wie erleben Sie die Krise persönlich? Hat sich Ihr (Arbeits-)Alltag verändert?

Als Bürgermeister vor Ort spürt man sehr schnell, wie eine derartige Krisensituation auf die Menschen wirkt. Das ist nicht ohne, wenn plötzlich Ausgangsbeschränkungen verhängt werden, Geschäfte geschlossen, Kindergärten und Schulen nur im Betreuungsmodus laufen, Menschen nicht in die Arbeit gehen können oder auf Kurzarbeit sind. Dazu kommt, dass das Leben in der Gemeinschaft vor Ort weggebrochen ist, weil keine Gottesdienste stattfinden, Feste nicht gefeiert werden konnten (Palmweihe, Ostern, Maibaum etc.), Freunde und Vereine nicht besucht werden konnten. Da muss man flexibel und eigeninitiativ sein: Unser Pfarrer ist beispielsweise mit dem Auto durch die Straßen gefahren und hat die Palmzweige und Häuser der Menschen am Palmsonntag geweiht. Wir haben in der Gemeinde auch einen Maibaum aufgestellt und ich habe unter den vorgeschriebenen Schutzvorkehrungen meine Sprechstunde als Bürgermeister weiterhin abgehalten. Natürlich hat sich auch mein beruflicher Alltag in der Krise verändert. Maskenschutz, Abstandsregel bei physischen Terminen sowie Video- und Telefonkonferenzen zählen zu meinem täglichen Arbeitsablauf. Es zeigt sich aber, dass wir in der Vergangenheit für eine Konferenz viele hunderte Kilometer zurückgelegt haben und coronabedingt heute durch Videokonferenzen ersetzen. Das sollten wir auch in unsere zukünftige Arbeitsweise integrieren. Das ist alles neu in dieser Zeit, aber es zeigt auch, dass es in unserer digitalisierten Welt funktioniert. Diese Chance sollten wir nutzen.